johanniter 3/2019
Porträt Reanimation ist Teamwork Durch ihren beherzten Einsatz hat Claudia Riegger einer Frau das Leben gerettet. Geholfen hat ihr dabei ein Johanniter am Telefon. Der Junge am Straßenrand an einem kalten Dezember- nachmittag kam ihr gleich komisch vor. Mit ihrer Tochter im Auto auf dem Weg zum Patenonkel hielt Claudia Riegger an und und fragte, ob bei ihm alles in Ordnung sei. „Bei mir schon“, antwortete ihr der Junge, „aber mit dieser Frau stimmt etwas nicht.“ Erst da entdeck- te sie die am Boden Liegende, aschfahl und ohne jede Regung. Dass sie ihre Tochter sofort die 112 anrufen ließ und sich um die Frau kümmerte, rettete dieser das Leben. Zum Glück immer wachsam „Es war das erste Mal, dass ich in so eine Situation ge- kommen bin – und meine Vorbereitung auf so etwas war doch eher mangelhaft“, erzählt die heute 50-Jährige. Der Kurs für die Führerscheinprüfung war da fast schon verjährt, die Auffrischung als Betriebshelferin mehr als 15 Jahre her. Dass sie sich trotzdem zu helfen getraut hat, erklärt sie mit einer grundsätzlichen sozialen Einstel- lung in ihrer Familie. Auch ihre Kinder, die inzwischen 16-jährige Tochter und der 19-jährige Sohn, seien „zum Glück immer wachsam“. „Im ersten Moment war ich überfordert“, gibt Claudia Riegger zu. Dass sie irgendwie eine Reanimation einlei- ten musste, war ihr klar. Bloß wie? Umso dankbarer war sie, dass sie an der Notruf-Hotline mit Theo Lechner, dem damals zuständigen Notrufsachbearbeiter, einen „ebenso bestimmten wie freundlichen“ Helfer an ihrer Seite hatte. Hilfe aus dem Mobiltelefon Ihre Handballen auf der Mitte des Brustbeins aufge- setzt, drückte sie zwei Mal pro Sekunde kräftig auf den Körper der scheinbar Leblosen, den Takt gab ihr der Fachmann durch das von der Tochter gehaltene Telefon vor. Gut fünf Minuten lang, bis Rettungswagen Foto: Privat und Notarzt am Unfallort waren. „Das hat sich wie eine Ewigkeit angefühlt. Und zwischendurch kamen mir Zweifel, ob ich hier das Richtige tue.“ Theo Lechner habe sie da immer wieder motiviert, bloß nicht aufzuhören. Zum Glück für Sabine Illenseer, deren Atmung durch die Hilfe noch vor dem Eintreffen der Rettungskräfte wieder einsetzte. Zum Abschluss ein tränenreiches Treffen Wieder zu Hause angekommen, versuchten Claudia Riegger und ihre Tochter, das Erlebte zu verarbeiten. „Ich glaube, ich habe heute eine Frau reanimiert“, sagte sie zu ihrem Mann. Mehr Gewissheit, ob ihr Ein- satz auch wirklich lebensrettend war, hatte sie lange nicht. Erst ein halbes Jahr später erfuhr sie Details. Sie traf die Tochter der Geretteten auf einem Stadtfest in Ravensburg, Sabine Illenseer selbst dann etwas später. „Das waren sehr emotionale und tränenreiche Treffen“, erinnert sich Claudia Riegger. Bis heute sind die zwei Frauen regelmäßig in Kontakt. „Wir haben uns von Anfang an super verstanden – als würden wir uns schon ewig kennen.“ Auch mit einem weiteren Menschen ist sie seit die- sem Dezembertag in regelmäßigem Austausch: „Mit dem Johanniter Theo Lechner hatte ich genau den Richtigen am Telefon. Und ich habe mich sehr gefreut, ihn auch persönlich kennenzulernen“, erzählt Claudia Riegger. Seit dieser positiven Erfahrung verfolgt sie die Arbeit der Johanniter-Unfall-Hilfe regelmäßig: „Früher hätte ich das vermutlich ignoriert. Jetzt gebe ich da gern ein ,Like‘ auf Facebook!“ Peter Altmann 21 Unter Freunden johanniter 3/2019
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