johanniter 3/2019
johanniter 3/2019 Alles schon vorgekommen Ein abgetrennter Finger, verätzte Augen beim Hantieren mit Chemikalien oder ein plötz licher Krampfanfall gehören zwar nicht zum Tagesgeschäft der Betriebshelfer, aber es gab schon alles, wie einige Kursteilnehmer er- zählen. Die meisten sind nicht zum ersten Mal hier. Denn der Gesetzgeber schreibt für Betriebshelfer eine Auffrischung des Wissens alle zwei Jahre vor. Trainerin Saskia Lützkendorf erinnert ihre Kursteilnehmer daran, bei den Betroffenen immer wieder Atmung und Bewusstsein zu kontrollieren, auf den Wärmeerhalt zu achten und Verletzten schon durch die eigene An wesenheit wertvollen Beistand zu leisten, bis die Rettung eintrifft. „Eigentlich kann man nichts falsch machen – außer nicht zu helfen“, sagt Lützkendorf zu einer im Kurs oft geäu- ßerten Befürchtung. Aktives Mitmachen kommt an Die wechselnden Szenarien und das Selbst- verständnis des Kursleiters als Trainer, der die Teilnehmer zur aktiven Mitarbeit motiviert, kommen an: „Auch wenn es heute kein Ernst- fall war und deshalb vielleicht das Adrenalin gefehlt hat, waren die Übungen und das Sel- bermachen wirklich hilfreich“, fasst eine Teil- nehmerin den Kurstag zusammen. „Ich fühle mich jetzt sicherer“, sagt ein anderer. Plötzlich selber Helfer Nur wenige Tage später. Ein brütend heißer Hochsommerabend in Berlin. Plötzlich ein dumpfer Schlag und die Vollbremsung einer Straßenbahn an der Fußgängerampel. Die Abendsonne blendet, aber intuitiv ist klar: Personenschaden. Ich mache auf dem Absatz kehrt, sprinte 30 Meter zurück und sehe die Radfahrerin auf dem Mittelstreifen am Boden liegen. Ein Passant greift zum Handy und setzt den Notruf ab. Ein Fahrgast und ich knien schon bei der Verletzten: Sie atmet, blutet, wimmert und wirkt wie weggetreten unter den Schmerzen. Ich habe gelernt, dass beru- higen hilft: sanft reden, ihr signalisieren, dass Hilfe schon unterwegs ist. Schwieriger ist es, das schmerzverzerrte Aufbäumen der Verletzten zu verhindern, die sich Zentimeter um Zentimeter Richtung drei- spurige Straße schiebt. Ein Radfahrer sperrt in gebührendem Abstand mit seinem Rad die dritte Fahrspur und schafft Raum, damit die Autofahrer nicht zu dicht an uns vorbeibrau- sen. Inzwischen hat jemand den Erste-Hilfe- Kasten aus der Tram geholt, Handschuhe übergestreift und die blutende Kopfwunde so abgedeckt, dass sie nicht weiter verschmutzt. Auf den Balkonen ringsum recken die An- wohner die Köpfe und die Schaulustigen auf der anderen Straßenseite empören sich, dass der Rettungswagen auf sich warten lässt. Am Horizont blinken die Blaulichter. Jetzt sind die Fachleute dran. Alle Ersthelfer ha- ben getan, was in dieser Situation zu tun war. Sogar um den Straßenbahnfahrer hat sich je- mand gekümmert. Zu Hause angekommen, habe ich Schmutz am Kleid und Blutreste vom Unfall an Beinen und Händen. Aber ich bin erleichtert, denn dank des Erste-Hilfe-Kurses wusste ich, was zu tun ist. Ina Krauß www.johanniter.de/erstehilfe Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Da- niel Günther (Mitte) weiß, wie wichtig es ist, im Notfall Erste Hilfe leisten zu können. Bei der Jo- hannisfeier der Johanniter und Malteser im Juni übte er sich in Herz-Lungen-Wiederbelebung, an seiner Seite Johanniter-Präsident Dr. h. c. Frank-Jürgen Weise (li.) und Malteser-Präsident Georg Khevenhüller. Foto: Frank Peter 8 In Aktion
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