johanniter 4/2019

johanniter 4/2019 Foto: Gül Matic Ehrenamtliches Engagement garantiert Dirk Walter den Kontakt zur Welt. Der 81-Jährige aus Hamburg ist seit 1953 bei den Johannitern und engagiert sich nach mehr als 65 Jahren auch heute noch regelmäßig. Herr Walter, hält ehrenamtliches Engagement jung? Auf jeden Fall! Im Ehrenamt kann man mit Menschen jeden Alters viel erleben. Man trägt Verantwortung für eine Orga- nisation oder das Amt, in dem man tätig ist, und für Mensch und Material. Das hält Geist und Körper jung. Sind Ihnen bei Ihrer Arbeit viele einsame Menschen begegnet? Ja, ich kenne einige. Betroffen sind vor allem ältere Damen, oft sind es Wit- wen. Sie haben nicht nur ihren Partner verloren, sie sorgen sich ums Überleben. Monat für Monat fragen sie sich: Ist noch genug Geld vorhanden? Kennen Sie das Einsamkeitsgefühl? Ja, immer wenn ich alleine auf Reisen war, was früher häufig vorkam. Aber auch, wenn meine Frau mit Freundinnen weg war und ich zu Hause blieb. Was war Ihr Rezept dagegen? Da gibt es vieles: Familie, Freundschaf- ten pflegen, Theater- und Konzertbesu- che planen, Hobbys pflegen und auch im Alter regelmäßig Sport treiben – oder eben ein Ehrenamt ausüben! Ist es heute wahrscheinlicher, im Alter einsam zu werden, als früher? Ja, das ist wohl leider so. Wenn Lebens­ partner sterben und die eigene Abhän­ gigkeit vom Partner sehr groß war, fallen Hinterbliebene in ein tiefes Loch. Wenn dann soziale Kontakte fehlen, ist Einsamkeit fast vorprogrammiert. Was muss sich gesellschaftlich ändern, damit wir nicht vereinsamen? Familie, Freunde und Nachbarn sollten sich früh um die Menschen kümmern, die im direkten Umfeld leben: Wer mit wachen Augen durch die Nachbarschaft geht, sieht, wer Hilfe benötigt. Das beste Rezept gegen Einsamkeit Und welchen Beitrag können die Johanniter dafür leisten? Wir müssen Ohren und Augen offen halten, ein Gespür entwickeln, um die Einsamen zu finden und aufzufangen. Mit unseren professionellen haupt- und ehrenamtlichen Diensten können wir sie pflegen und versuchen, ihnen eine Heimat zu geben. Interview: Berenike Matern che, in denen sie viel über die Menschen erfährt und die den Sterbeprozess der Betrof­ fenen erleichtern sollen. Wie lange sie mit ihnen zu tun hat, weiß sie nie. „Zweimal hatte ich Menschen über einen längeren Zeitraum zu begleiten. Da baut man schon eine enge Bindung auf“, sagt Gesine Göschel. Sie weiß, dass der Tod kein einfaches Thema ist: „Häu- fig geht es auch darum, die Angehörigen zu begleiten und auch deren Ängste zu verste- hen.“ Dafür müsse man zuhören und Wärme schenken. Sie selbst hat auch schon viel Wärme zu- rückbekommen. „Jedes Ehrenamt bringt viele positive und berührende Momente und Hos- pizarbeit ist auch nicht nur traurig.“ So habe sie viel über Menschen erfahren und spannen- de Biografien kennengelernt. Es ist also ein Geben und Nehmen – und das ohne zeitliche Befristung: „Solange ich gesund bin, gebe ich gerne.“ Ina Krauß Dirk Walter ist auch mit seinen 81 Jahren noch ehrenamtlich in Hamburg als Fahrer des Frauen- Gesundheitsmobils aktiv. Gesine Göschel begleitet in Drei­ eich im Ambu- lanten Hospiz- und Palliativ­ beratungsdienst Menschen in ihrer letzten Lebensphase. 12 In Aktion

RkJQdWJsaXNoZXIy NTMzMTY=