johanniter 1/2020

johanniter 1/2020 Immer wenn Foziya und Hamid zusammen mit Anne und Ute in der Johanniter-Dienst­ stelle Gotha am Tisch sitzen, geht es um All­ tägliches: Was genau steht da im Mietvertrag? Wie beantragt man Kindergeld? Und wie fin­ det man einen Kitaplatz? Herausforderungen, die auch deutsche Eltern gut kennen. Doch für das Paar aus Äthiopien mit seinen zwei in Deutschland geborenen Kindern ist das noch schwieriger. „In erster Linie liegt das an den fehlenden Sprachkenntnissen“, erklärt Ute Jahn, Di- plom-Sozialpädagogin bei den Gothaer Jo­ hannitern. Doch selbst Menschen wie Hamid Tesema Ahmed, der schon recht gut Deutsch spricht, stehen häufig vor beinahe unlösbaren Aufgaben. „Hamid hatte für die Familie eine Wohnung gesucht. Doch der Mietvertrag war so kompliziert formuliert – da benötigte er dringend Hilfe“, so Ute Jahn. Und die fand der 30-Jährige bei der Servicestelle Integration im Regionalverband Westthüringen. Denn auch von so einfach zugänglichen Unterstützungs­ angeboten bei der Organisation des Alltags hängt es ab, ob zugezogene Familien in ihrem neuen Umfeld heimisch werden. Freundlich begleitet und individuell betreut „Bei meiner Wohnungssuche hat das Sozial­ amt mich auf die Johanniter und ihr Angebot aufmerksam gemacht“, sagt Hamid. „Hier wur­ de ich gleich freundlich begrüßt.“ Seit August 2019 kommt er regelmäßig. „Es sind so viele Anträge und Formulare, die man richtig aus­ füllen muss. Oft weiß ich nicht genau, welche Nachweise ich wofür brauche.“ Ob Wohngeld, Antrag auf Arbeitslosengeld oder der sehr umfangreiche Antrag auf den Kindergeldzu­ schlag – Ute Jahn geht mit ihm und seiner Frau die Blätter Schritt für Schritt durch und hilft bei den nötigen Angaben. „Auf Wunsch begleiten wir unsere Klien­ ten auch bei Behördengängen oder zur Woh­ nungsbesichtigung. Doch in der Regel kom­ men die 27 Familien, die wir derzeit betreuen, mit ihren Fragen zu uns“, sagt Ute Jahn. Diese individuelle Betreuung ist das Besondere an „Gut Ankommen in Gotha“, dem Programm, das Teil des Modellprojektes „Aufsuchende Beratung für Drittstaatsangehörige in östlichen Bundesländern“ ist und noch bis Ende 2020 neben Gotha auch in Neubrandenburg und Zwickau läuft. Finanziert wird es vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Euro„Wir wollen Menschen helfen, sich im Alltag zurechtzufinden.“ päischen Union, Aktion Deutschland Hilft und dem Freistaat Thüringen. „Wir wollen Menschen mit Mi- grationserfahrung im länd­ lichen Raum dabei helfen, sich im Alltag und in den Behördenstrukturen zurechtzufinden. Dabei erhalten sie Unterstüt­ zung, die sie aber letztlich selbstständig ma­ chen soll“, so Julia Noël, Projektkoordinatorin im Fachbereich Flucht und Integration der Johanniter. Der Fokus auf die neuen Bundes­ länder kommt nicht von ungefähr: „Gerade in den ausgewählten Regionen sind die Struktu­ ren für Hilfsangebote noch ausbaufähig. Dort gibt es einfach weniger Angebote und Begeg­ nungsmöglichkeiten als in den Städten.“ Auch wenn der Integrationsplan für den Landkreis Gotha noch nicht fertig ist, sieht Anne Störger, Koordinatorin der Servicestelle Integration, bereits eine große Verbesserung: „Die Stadt ist bei der Hilfe für Menschen mit Migrationshintergrund schon besser aufge­ stellt als noch 2016.“ Trotzdem benötigen die Ämter noch mehr Erfahrung, um mit Schwie­ Hamid und Foziya wissen dank der Hilfe der Johanniter, was sie für ihre Zukunft brauchen. Fotos: Nikolaus Brade 11 In Aktion

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