Johanniter März/21

Johanniter / März 2021 / Unter Freunden 21 Foto: Johanniter Als noch vor Corona-Zeiten im Freizeitpark Geisel - wind 23 Menschen aus einer defekten Gondel in 60 Metern Höhe gerettet werden mussten, war Yvonne Wagner hautnah dabei: „Tröstend, anteil - nehmend, beruhigend“, sagt die Fachkraft für Psychosoziale Notfallversorgung aus dem Regional - verband Oberfranken der Johanniter-Unfall-Hilfe. Denn was jemand durchlebt, der mit dem Hub - schrauber aus luftiger Höhe abgeseilt werden oder eine andere Extremsituation durchleben muss, wür - den die meisten Menschen unterschätzen. Ruhig im Auge des Sturms / Yvonne Wagner war damals mit ihrer Expertise schnell zur Stelle und als Fachkraft im Team der Psychosozialen Notfallver - sorgung erste Ansprechpartnerin für die Betroffe - nen. Frisch aus der Ausbildung kommend, sorgte sie für Ruhe im Auge des Sturms – und tut es heute noch bei Extremsituationen. Egal, ob es sich um einen schweren Unfall auf einer Autobahn oder einen Suizid handelt. Sie selbst steckt dann alle Emotionen zurück, wenn sie am Einsatzort ist. „Jeder Einsatz ist einzigartig“, sagt die 35-Jährige. Für sie steht an erster Stelle, wie sie eine betroffene Person genau in diesem Moment psychisch auffangen, unterstützen und sta - bilisieren kann. „Manchmal ist es auch Schweigen.“ Die Situation gibt vor, was zu tun ist. Was für Yvonne Wagner als psychosoziale Notfall- Fachkraft zu tun ist, hat sie während ihrer Ausbil - dung an vielen Abenden und Wochenenden theo­ retisch gelernt. Die Praxis hat sie sich während eines Hospitanz-Jahres mit zehn Pflichteinsätzen von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen abgeschaut. „Ich wollte mich ehrenamtlich bei den Johannitern betätigen und etwas für andere Menschen tun“, be - schreibt sie ihre Motivation. An einen ihrer ersten Einsätze erinnert sich Yvonne Wagner sehr genau: als ein junger Mann bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war und die Todesnachricht aus familiären Gründen gleich mehr - mals überbracht werden musste. „Nein, man sagt dann nicht dasselbe. Die Person, die vor einem steht, gibt die Situation vor.“ Erlebt hat sie schon einiges: „Wut, Schreien, Schlagen, Sprachlosigkeit.“ Auf all das hat sich die gelernte Floristin und aus - gebildete Sanitätshelferin akribisch vorbereitet, aber was sie bei einem Notfalleinsatz erlebt, hallt nach. Da helfen die Nachbesprechungen im Team, um die erlebte Situation zu verarbeiten. Wenn sie dann nach Hause zurückkehrt, geben Yvonne Wagner der Le - bensgefährte und die vier gemeinsamen Patchwork - Kinder Halt. „Das ist meine Psychohygiene“, sagt die lebenslustige Frau, „meine Familie gibt mir die Kraft für diese Aufgabe, man nimmt viel mit nach Hause.“ Manchen Notfall kann sie durchaus auch mit ihrem Vater besprechen, einem langjährigen Einsatzleiter und Rettungsdienst-Leiter. Inzwischen arbeitet sie selbst auch hauptamtlich bei den Johannitern in Bamberg. „Ich bin hier hineingeboren worden.“ Wenn irgendwo zwischen Schlüsselfeld und Kitzingen oder an der Autobahn A3 das Martinshorn erschallt, kann es durchaus sein, dass auch Yvonne Wagner ehrenamtlich ihren Dienst beginnt. / Ina Krauß Porträt Anteil nehmen und beruhigen Wenn Menschen an ihre Grenzen kommen, ist Yvonne Wagner zur Stelle. Als Fachkraft für Psychosoziale Notfallversorgung ist sie eine Stütze in kritischen Situationen.

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