Johanniter Dezember 2023

Foto: Andreas Costanzo Wenn Mia Grossmann von „Hartklabaster” spricht, dann klingt das niedlich – und beschreibt doch eine gefährliche Situation. Auf Hochdeutsch ist das nämlich ein Herzinfarkt. Und wie sich Ersthelfer in einer solchen Situation zu verhalten haben, weiß die 19-Jährige nicht nur selbst. Sie bringt es anderen in Erste-Hilfe-Kursen auch bei. „Etwa dreimal die Woche leite ich solche Kurse, meist an Schulen, aber auch in Kitas.” Hinzu kommen sogenannte Fresh- ups, Auffrischungen der Erste-Hilfe-Kurse und Fort - bildungen. Eine Geheimsprache für viele / In Thailand geboren, wurde Mia von ihren jetzigen Eltern im Alter von ein - einhalb Jahren adoptiert. Aufgewachsen ist sie in Lü - beck. „Mama stammt aus Nordfriesland und spricht deshalb Westküsten-Plattdeutsch.” Die anerkannte Sprache hat sich dank des mütterlichen Einflusses und der vielen Verwandten auch in Mia festgesetzt. „Wir haben zu Hause einfach oft Platt gesprochen.” Ihr aus Hamburg stammender Vater steht da manchmal ratlos daneben: „Verstehen davon kann er vieles. Aber nicht alles. Sprechen kann er es gar nicht.” Und wahrscheinlich wäre das Plattdeutsch die gemeinsame „Geheimsprache” von Mutter und Tochter geblieben – wenn nicht der Dienststellen - leiter der Hamburger Johanniter Mia in Platt hätte sprechen hören. „Und so kam eines zum anderen und plötzlich haben wir Erste-Hilfe-Kurse in Platt - deutsch angeboten”, erinnert sich Mia Grossmann. Einen solchen durfte sie sogar für Mitarbeitende und Schauspieler des altehrwürdigen Ohnsorg-Theaters anbieten – jenes Ortes, von dem aus einst Heidi Kabel die ganze Nation begeisterte. „Klar hatte ich Sorge, die richtigen Worte zu finden – die medizi - nische Sprache mit ihren vielen Fachwörtern lässt sich auch nicht vollständig übersetzen – da wird es schnell albern.” Neben ein paar vorbereiteten Vokabeln redet sie des- halb einfach, wie ihr „der Schnabel gewachsen ist”. Das kommt gut an. Wenn sie von „Lungenpiepen” statt von Atemwegsverlegung spricht oder die „stabi - le Siedenlaagg” zeigt, klinge das „viel freundlicher als Hochdeutsch”. Und wird zumindest in Hamburg, wo viele Plattdeutsch zwar nicht selbst sprechen, aber doch gut verstehen können, gerne gehört. Verlängerung inklusive / Das alles macht sie im Rahmen ihres Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) bei den Hamburger Johannitern. „Im Oktober 2022 habe ich angefangen und eigentlich wäre das Jahr schon rum. Ich habe aber noch mal verlängert”, erklärt sie. Dazu entschlossen habe sie sich, weil es ihr einfach Spaß macht und sie gern im Rettungs - dienst unterwegs ist. Schon in der Schule war sie Ersthelferin. Später hat sie als ehrenamtliche Rettungsassistentin Einsätze bei Veranstaltungen mitgemacht und sich dann für das Zertifikat „Erste Hilfe Trainer” im Rahmen des FSJ entschieden. Im neuen Jahr beginnt Mia Grossmann erst einmal eine Ausbildung an der Schauspielschule. Doch auch den Weg in den Rettungsdienst schließt sie nicht aus: „Notärztin könnte ich mir auch vorstellen.” Auch das geht ja gut auf Platt. / Peter Altmann Porträt Wie der Schnabel gewachsen ist. Wenn Mia Grossmann Dialekt spricht, steht selbst ihr in Hamburg geborener Vater ratlos daneben. Vom Freiwil - ligen Sozialen Jahr zum Erste-Hilfe- Kurs auf Platt im Ohnsorg-Theater war es da nicht weit. Johanniter / Dezember 2023 / Unter Freunden 20

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