Johanniter Dezember 2024

Foto: Laura-Marie Ludwig In der Regel sei er einer der Ältesten im Raum, sagt der 65-jährige Stefan Keinert über seinen Arbeits - platz im Johanniter-Tageshospiz Oberberg. Ein biss - chen Altersrespekt bringt ihm das ein. Aber vielleicht liegt das auch an seiner ruhigen und doch resoluten Art, die der ehemalige Kaufmann, Unternehmens - berater und Geschäftsführer aus dem Finanzwesen ausstrahlt. Mit Menschen hat er in seinem Berufsle - ben immer gearbeitet, doch die Betreuung Sterben - der ist dann noch mal eine andere Sache. Reagiert auf Wünsche / Ins Tageshospiz kommen alle jene Gäste mit begrenzter Lebenserwartung, die etwas Abwechslung von Zuhause wünschen oder deren pflegende Angehörige Entlastung suchen. „Unsere Gäste lamentieren nicht, haben sich mit ihrer Situation und dem nahen Ende meist arrangiert. Viele wollen in Ruhe gelassen werden. Doch dann gibt es diese Momente: ein Gespräch, etwas Ablenkung durch ein Spiel oder ein Puzzle, ein Spaziergang im Park. Wir reagieren auf ihre Wünsche und versuchen sie zu erfüllen“, erklärt Stefan Keinert. Vor allem auf emotionaler Ebene sind die Hospizhelfer eine wich- tige Stütze. Denn den hauptamtlichen Palliativ- und Pflegefachkräften fehlt oft die Zeit, sich intensiv mit den Gästen auszutauschen. „Wenn Sie schon mal gesehen haben, wie eine Ganzkörperwaschung mit anschließender Hautpfle - ge an einem bettlägerigen Patienten durchgeführt wird, dann wissen Sie, was die Pflegekräfte leisten – auch schon rein körperlich“, so Keinert. Sein Respekt vor dem Berufsstand sei noch mal ordentlich ge- wachsen. Und auch sein Verständnis für den Unmut über fehlende Anerkennung dieser Leistung. Der Bedarf war groß / Den Johannitern ist Stefan Keinert schon lange verbunden. Seit 25 Jahren ist er Spender. Als ihn vor drei Jahren eine selbst in der Hospizarbeit tätige Nachbarin anspricht, ist er schnell überzeugt. „Ich hatte Zeit und der Bedarf war groß“, erinnert er sich. Ein bisschen Sorge, ob er das kann, hatte er trotzdem. „Ich habe meinen Vater zum Schluss begleitet, etwas persönliche Erfahrung hatte ich. Aber ob mir das auch bei Fremden ge - lingen wird …“ Nach einer gut halbjährigen Ausbil- dung zum Hospizhelfer ist er nun in einem Team von mehreren Ehrenamtlichen regelmäßig im Einsatz. Und ist dabei gern gesehen. „Wenn die Gäste einen mit ,Da sind Sie ja wieder´ begrüßen, dann ist das schon ein gutes Gefühl.“ Bei aller Nähe zu den Gästen, beim „Sie“ bleibt er trotzdem: „Das ist eine Frage des Respekts, aber auch der professionellen Distanz.“ Denn auch das sei wichtig in diesem Job. Nicht ohne Grund treffen sich die Hospizhelfenden regelmäßig zum Erfahrungs- austausch und zur Supervision. Dabei werden auch die manchmal emotional belastenden Erlebnisse im Umgang mit sterbenden Menschen besprochen. Auf das „Warum“ für diesen nicht ganz gewöhn - lichen Job angesprochen, muss Stefan Keinert dann aber doch erst etwas nachdenken. Selbst hat er sich das wohl noch nicht gefragt. „Ich hatte Glück im Leben. Und mit dieser Arbeit kann ich den Menschen etwas zurückgeben.“ Auch wenn er Kinder und Enkel hat und auf die Pflege und Unterstützung der Fa - milie hoffen kann: „Sicher steckt da auch ein wenig die Erwartung drin, dass mir später auch bei Bedarf geholfen wird.“ / Peter Altmann Porträt Mit Erfahrung und Verstand. Stefan Keinert arbeitet ehrenamtlich als Hospizhelfer im Johanniter-Tages- hospiz im nordrhein-westfälischen Oberberg. Er versteht sich als Dienst- leister und Wunscherfüller. Johanniter / Dezember 2024 / Unter Freunden 21

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