Johanniter September 2025
Foto: Johanniter In ihrer beruflichen Laufbahn hätte Helga Christ schon vor vier Jahren in Rente gehen können. Die gelernte Chemielaborantin machte dennoch andert- halb Jahre länger weiter. Ein Projekt musste noch abgeschlossen und das Büro organisiert werden. „Das war für beide gut – und mein Chef konnte noch auf mich zählen“, erklärt die 68-Jährige. Eine Frau, auf die Verlass ist. Bald steht der nächste Abschied an: Nach 50 Jahren scheidet sie nun auch aus dem aktiven ehrenamtlichen Dienst aus. Etwas Soziales sollte es sein / Begonnen hat Helga Christ ihre „ehrenamtliche Karriere“ mit 18 Jahren. Etwas Soziales sollte es sein, ihre drei älteren Ge- schwister waren allesamt Krankenschwestern. Doch vor dem intensiven Kontakt mit den Patienten hatte Helga zu viel Respekt. „Meine damalige Ausbilderin erzählte von einem Helferabend der Johanniter und nahm mich einfach mit.“ So landet sie im Sanitäts- dienst, fährt an den Wochenenden ehrenamtlich auf dem Rettungswagen mit, ist nach Feierabend bei Krankentransporten dabei, oder macht an freien Ta- gen Laborfahrten. Bis Ende der 70er Jahre wurden einige dieser Aufgaben von den neu dazu gekom- menen Zivildienstleistenden übernommen. In einen der jungen Männer verliebt sie sich – er wird ihr Ehemann und Vater ihrer zwei Söhne. Weil Job, Familie und Ehrenamt doch des Guten zu viel werden, zieht sie sich eine Weile aus dem Rettungsdienst zurück. Doch den Johannitern des Regionalverbandes Hessen West bleibt sie treu: Sie arbeitet im Büro des Bereitschaftsführers des Katastrophenschutzes und sorgt selbst auch für Nachwuchs im Verband. Einer ihrer Söhne ist Be- rufsfeuerwehrmann und fährt auch ab und an für den Johanniter-Rettungsdienst. Der andere ist Not- fallsanitäter und Praxisanleiter in Wiesbaden. Schoko-Banane statt Zucchini / Seit ihre Jungs groß sind, ist auch Helga Christ wieder im Einsatz mit den Sanitätern. Als im Jahr 2001 einer der Kolle- gen beim Rosenmontags-Einsatz Geburtstag feiert, entschließt sie sich kurzerhand, zu backen. „Der Kuchen kam sehr gut an“, erinnert sich die ehren- amtliche Helferin. Ein Jahr später war klar: Ohne ihr Backwerk ist der nächste Rosenmontag-Einsatz nicht durchzustehen. Der Handlichkeit wegen steigt Helga Christ auf Muffins um. Seither sind ihre Lecke- reien zu Rosenmontag ein Muss. Die Schoko-Bana- ne-Variante ist der erklärte Liebling. Ein Versuch mit Zucchini wurde verworfen. Jetzt sind es etwa 300 Muffins, die Helga Christ vor jedem Rosenmontag in der heimischen Küche backt. Jedes Jahr. Mehr als nur Naschwerk / Dahinter steckt mehr als nur ein bisschen Naschwerk für lange Tage. Denn ehrenamtliches Engagement, wie das bei der sanitätsdienstlichen Absicherung von Großevents, basiert auf der Idee von Gemeinschaft. Wenn Men- schen sich in ihrer Freizeit einbringen, um als Helfer für andere unterwegs zu sein, dann ist das „Wir“ be- sonders wichtig. „Sanitätsdienste sind lang, anstren- gend und gehen oft an die Substanz. Da ist die gute Stimmung besonders wichtig“, sagt sie. Und auch, wenn sie nun nicht mehr selbst im Sani- tätsdienst unterwegs ist, den Johannitern bleibt sie noch eine Weile erhalten. Schon allein der dringend erwarteten Muffins wegen. / Peter Altmann Porträt An Aufhören ist nicht zu denken. Vor wenigen Wochen hat Helga Christ Jubiläum gefeiert: Seit 50 Jahren ist sie im Sanitätsdienst aktiv. Eine lange Zeit, in der im Ehrenamt viel passiert – und ein Kultgebäck entstanden ist. Johanniter / September 2025 / Unter Freunden 27
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