Johanniter September 2025
»Wir dürfen den Tod nicht fürchten, sondern sollten ihn als Teil des Lebens begreifen.« Michael Zingel bauen und Sicherheit auszustrahlen. Dass für ein langes Kennenlernen oft keine Zeit sei, liege in der Sache selbst. „Manchmal dauert eine Begleitung nur wenige Tage. Auch die Anfragen sind oft sehr kurzfristig“, so Zingel. „Oft ent- scheiden die ersten Sekunden, ob ich einen Menschen begleiten kann“, erklärt er. Die Chemie muss stimmen, selbst mit mehr als 10 Jahren Erfahrung. Wichtig sei ihm, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen. Der Weg dahin kann bei jedem Menschen ganz unterschiedlich aussehen. oft der ehrlichste Moment im Leben eines Menschen“, so Zingel. In dieser Phase öff- nen sich Menschen ihm mit ihren Ängsten. Die Natur als Ausgleich Doch selbst für eine gefestigte Person wie Michael Zingel ist die Hospizarbeit nicht immer einfach. Besonders herausfordernd seien Einsätze, bei denen er jüngere Men- schen begleitet oder solche, die er aus früheren Zeiten kennt. Die Unterstützung durch Supervision und die Gemeinschaft der Johanniter beschreibt er als essenziell, um mit diesen Belastungen umzugehen. Einen Ausgleich findet er im Natur- schutz. Mit einem kleinen Team kümmert sich Zingel um Naturschutzwiesen im Erz- gebirge. „Es ist schön zu sehen, wie alles heilt und sich entwickelt. Das ist wichtig, wenn man ständig mit Leid und Tod zu tun hat“, erklärt er. „Außerdem komme ich an die schönsten Orte meiner Heimat“, so Zin- gel begeistert. Der Kontrast vom Begleiten des Abschieds zum Erleben der Heilung in der Natur sei entscheidend für seine per- sönliche Balance. Natur und Spiritualität stünden in festem Einklang. Auf die Frage, wie sich die Auszeich- nung seither auf seine Arbeit ausgewirkt hat, winkt Michael Zingel lächelnd ab. „Ich habe mich sehr gefreut! Eine solche An- erkennung zeigt, dass das eigene Engage- ment wahrgenommen wird. Aber an meiner Arbeit ändert das nichts. Als Ehrenamtlicher ist man Überzeugungstäter und Idealist.“, so Zingel. Gleichzeitig sieht er die Urkunde als Anlass, andere zu inspirieren, Verantwor- tung zu übernehmen und das Leben aktiv zu gestalten. Michael Zingel (2. Person v.r.) bei der Übergabe der Ehrenurkunden im Sächsischen Landtag zu Dresden. Die Hospizarbeit ist für viele Menschen ein wichtiges Angebot, um mit ihrer Angst nicht allein zu sein. Ein fester Glaube als Fundament Das Fundament für die schwere Arbeit ist sein fester Glaube und die Überzeugung, dass der Tod kein Abschied, sondern ein Übergang ist. Michael Zingel ist davon über- zeugt, dass Themen wie Sterben und Tod aus der Tabuzone geholt werden müssen. „Wir dürfen den Tod nicht fürchten, sondern sollten ihn als Teil des Lebens begreifen“, sagt er. Neben Nachtwachen und Gesprä- chen mit Sterbenden sowie deren Angehö- rigen ist er auch in der Öffentlichkeitsarbeit aktiv. Er hält Vorträge, arbeitet mit Er- wachsenen und erklärt, warum Sterben und Trauer zum Leben gehören. „Das Sterben ist 17 Johanniter / September 2025 / Landesverband Sachsen
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