Johanniter September 2025

Wie war das, als 2015 mehrere Hunderttausend Geflüchtete nach Deutschland kamen? / Ich er- innere mich zunächst an die furchtbaren Nach- richten aus Ländern wie Syrien, wo viele Menschen nach Jahren des Krieges keine Alternative zur Flucht sahen. Und an die positive gesellschaftliche Grund- stimmung und große Hilfsbereitschaft in der deut- schen Bevölkerung, als schließlich viele Geflüchtete bei uns ankamen. Die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden der Johanniter standen sofort bereit, zu helfen und haben die Arbeit vor Ort mit allen Kräften unterstützt. Das war ein echter Kraftakt, getragen von einem großen Zusammenhalt. Was waren die größten Herausforderungen? / In dieser ersten Zeit wurden wir von den Kommunen und Ländern in der Regel sehr kurzfristig angefragt, Fotos: Johanniter Foto: Jennifer Christine Photography 2018 In bundesweit zwölf „Leucht- türmen der Integration“ schaffen die Johanniter unter anderem Begegnungsräume und fördern so den gemein- schaftlichen Austausch. 2022 Bundesweit leisten die Johanniter Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine: Gemeinsam mit der Auslandshilfe wird die Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten in Deutschland organisiert. 2023 Mit dem Projekt „Ehrenamt vereint!“ fördern die Johanniter die Erstintegration und ge- sellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten durch ehrenamt- liches Engagement. Von der Nothilfe zum langfristigen Engagement Anne Ernst ist Geschäftsbereichsleiterin Kri- senmanagement & Nothilfe in der Bundes- geschäftsstelle der Johanniter. Neben den Themen Bevölkerungsschutz und Ehrenamt ist sie dort auch für den Fachbereich Flucht und Migration zuständig. Messe- oder Turnhallen innerhalb von wenigen Ta- gen in Unterkünfte für Geflüchtete umzufunktionie- ren. Teils war es schwierig, Material zu bekommen. Feldbetten etwa waren plötzlich europaweit nur zu horrenden Preisen zu bekommen. Außerdem muss- ten wir Sanitätsdienste, Beratung, die Lebensmittel- versorgung, Reinigung oder die Sicherheit organi- sieren. Qualifiziertes Personal zu finden, war nicht einfach: Dass wir von Beginn an viele Mitarbeitende aus den Herkunftsländern der Geflüchteten gefun- den haben, war und ist wichtig. Aktuell sind es Men- schen aus 80 unterschiedlichen Herkunftsstaaten. Durch den Krieg in der Ukraine wurde Deutsch- land erneut zum Zufluchtsland. Waren Sie da besser vorbereitet? / Unser Bereich „Flucht & Mi- gration“ war da bereits gut etabliert und wir hatten bundesweit viel Wissen gesammelt – auch mit den notwendigen Kooperationspartnern. So wurden wir vielerorts wieder angesprochen, Notunterkünfte aufzubauen. Anders als 2015 waren unter den Ge- flüchteten deutlich mehr Frauen, Kinder und ältere Menschen. Wir standen vor neuen Fragen: Wie können wir den Pflegebedarf der Menschen decken? Auch die Kinderbetreuung und die Integration in die Bildung waren große Themen. Wie hat das die Johanniter verändert? Und wie blicken Sie in die Zukunft? / Die Nothilfe für die neu in Deutschland Ankommenden ist für uns mitt- lerweile zum langfristigen Engagement geworden. Weil wir davon ausgehen, dass die Zahl der Men- schen, die ihre Heimat verlassen müssen, weiterhin hoch bleibt, halte ich es für wichtig, Kapazitäten für die Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten aufrechtzuerhalten. Und nach wie vor: Wir brauchen Integrationsarbeit, die den Geflüchteten das An- kommen in Deutschland ermöglicht und sie mit der Aufnahmegesellschaft zusammenbringt. 7

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