Johanniter Dezember 2025
Entzündete und offene Wunden: Für das „Pflasterlaster“-Team gehört das zur täglichen Arbeit. Auseinandersetzungen entstanden sind“, erklärt Sandra Walter, eine der Pflegerinnen des „Pflaster- laster“-Teams. Mit einem Pflaster ist es da aber in der Regel nicht getan: „Oft sind das schon heftige Entzündungen, weil die Erstversorgung der Wun- den ausgeblieben ist.“ Was sie und ihre 64-jährige Kollegin Sylvia Schoofs, im Hauptberuf Pflegepäda- gogin und Ausbildungskoordinatorin, jeden Einsatz- tag wieder schockiert: „Viele unserer Fälle gehören ins Krankenhaus. Die Entzündungen müssten mit intravenöser Antibiotikum-Gabe behandelt werden. Andere brauchen eine aufwendigere Diagnostik, als wir sie hier im ‚Pflasterlaster‘ durchführen können.“ Doch der Zugang zu medizinischer Betreuung schei- tert nicht nur an der Angst und Scham der Betroffe- nen. „Immer wieder hören wir, dass sie im Kranken- haus abgewiesen oder nur notdürftig behandelt und viel zu schnell wieder entlassen werden“, so Sylvia Schoofs. Menschen auf der Straße können den üb- lichen Ansprüchen an Hygiene nicht entsprechen, haben nicht selten eine Drogengeschichte und sind allein dadurch schon schwieriger im Umgang. Unge- klärt ist auch, wer für etwaig notwendige Behand- lungen aufkommen soll. Denn krankenversichert sind die wenigsten. Am Ende einer langen Karriere / „Krankenhäuser sind heute leider Profitcenter. Da hat ein Mensch, der ungepflegt oder sichtbar Junkie ist und vielleicht auch noch nach Alkohol riecht, keine guten Karten – und wird schnell wieder vor die Tür gestellt“, bringt es Gerhard Schneider auf den Punkt. Der 76-Jährige ist der Arzt im „Pflasterlaster“-Team und schaut auf eine lange Karriere als Radiologe mit Spezialisierung auf Krebstherapie zurück. Das Thema Obdachlo- senhilfe ist ihm nicht neu: „Vor mehr als 20 Jahren kam eine damalige Praxismitarbeiterin auf mich zu und erzählte mir von der Notwendigkeit, Obdach- lose medizinisch zu betreuen. Ihr Ehemann betrieb einen Fahrdienst und konnte einen Krankenwagen zur Verfügung stellen und ich habe dann noch einen Apotheker gewinnen können“, erinnert sich Gerhard Schneider. Damals stellte er das erste Projekt dieser Art in Wuppertal auf die Beine. Auf das Johanniter- Projekt „Pflasterlaster“ ist er – wie auch die beiden Pflegerinnen – über einen Fernsehbeitrag aufmerk- sam geworden. „Ich hab direkt bei Ete angerufen und gesagt: Wenn ihr mich braucht, komme ich!“ Ete, das ist Etemad Parishanzadeh, der „Pflasterlas- ter“-Projektverantwortliche – und eigentlich Fach- bereichsleiter Rettungsdienst bei den Johannitern in Düsseldorf. Auch für ihn ist der Dienst in dem Projekt nach der regulären Arbeitszeit ein ehren- amtliches Engagement. Er ist sichtlich stolz auf das Projekt. Hat aber auch so einige Sorgen. „Wir werden durch Spenden unterstützt – der Rückhalt durch die Bevölkerung ist gut. Aber der eingesetzte Rettungswagen fällt uns leider bald auseinander und muss durch einen neuen ersetzt werden. Das ist teuer. Und wir brauchen dringend mehr Helfer.“ Derzeit besteht sein Team aus zehn Ehrenamtlichen, darunter aktuell nur ein Arzt: Gerhard. „Wir sind von einigen Kooperationspartnern schon gebeten wor- den, häufiger zu kommen. Wir würden gebraucht!“, so Etead Parishanzadeh. Also ist er auf der Suche Fotos: Nikolaus Brade (2), Johanniter (1) Johanniter / Dezember 2025 / In Aktion 6
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