johanniter 3/2013
Das war im Herbst 2011, als Helmut für drei
Monate zur Kurzzeitpflege ins Johanniter-
Haus kam. Seine Wohnung war wegen eines
Wasserschadens unbewohnbar. „Hier traf
ich meinen alten Freund Ernst wieder, wir
kannten uns schon als
junge Burschen“, erinnert
er sich. Der erzählte ihm
von der jüngsten Tochter
der Eckhardts, Irene, die
auch im Johanniter-Haus
lebt. Sie käme sicher auch
zum Singkreis am Donnerstag. Helmut merkte
sofort auf. „Mit der ältesten Tochter hatte ich
früher fleißig geflirtet“, verrät er. Die Jüngste
lernte er damals nicht mehr kennen. Er wurde
an die Ostfront abkommandiert.
Helmuts Elternhaus stand in derselben
Lüdenscheider Straße wie das von Irene.
Er lebte allein mit seinem Vater, seine Mutter
Der Wunsch nach einer festen
Partnerschaft erlischt bei vielen
auch mit dem Älterwerden
­nicht. Denn wo man Liebe findet,
da fühlt man sich zu Hause.
­Helmut Trimpop (89) und Irene
Eckhardt (73) sind angekommen.
Vor zwei Jahren haben sie
­einander im Johanniter-Haus
­Lüdenscheid gefunden.
Auf den Stock gestützt steht Helmut Trimpop
vor seinem Bücherschrank, den er mit ins
Pflegeheim gebracht hat. Mit der freien Hand
greift er nach der Stuttgarter Jubiläumsbibel
aus dem Jahr 1922: „Das gute Stück habe ich
1947 zu meiner Hochzeit vom Männerchor der
Freien Evangelischen Gemeinde bekommen.“
Früher sang er dort, genau wie sein Vater –
und Irene Eckhardts Vater.“ Der 89-Jährige
streicht über den zerfledderten Einband. „Das
ist mein Schatz.“ Jetzt schmunzelt er, wirft
Irene Eckhardt einen Luftkuss zu und sagt:
„Und du bist mein noch viel größerer Schatz!“
Die Frau mit dem Rollator schaut ihn glück­
lich an mit ihren blauen Augen, die Helmut
am liebsten mit Bergkristallen vergleicht.
Späte Liebe, ganz unverhofft
Irene Eckhardt ist nicht die Frau, mit der der
Lüdenscheider 61 Jahre lang verheiratet war.
Sie ist die ältere Dame, die er vor zwei Jahren
in der Senioreneinrichtung der Johanniter
­in Lüdenscheid kennen- und lieben gelernt hat.­
Damals war der ehemalige Elektriker seit
drei Jahren Witwer.
„Mit meiner Ehefrau hatte ich schon vor
langer Zeit einmal darüber gesprochen, was
wäre, wenn plötzlich einer von uns beiden
zurückbleiben würde.“ Während er das erzählt,­
schießen ihm Tränen in die Augen. „Wir wa­
ren uns damals einig: Nur nicht allein bleiben!“
Denn Einsamkeit, die bringe einen doch um.
Der Mann im beigen Hemd fängt sich
wieder. „Zum Glück hat mich Irene gerettet“,
sagt er ruhig und fasst wie selbstverständlich
die Hand der 73-Jährigen. Die späte Liebe
zu der 16 Jahre jüngeren Frau sei ganz unver­
hofft einfach da gewesen.
„Wir waren uns damals
einig: Nur nicht allein
bleiben!“
„Dieses Prickeln kannte ich gar nicht mehr“, sagt Irene
Eckhardt. „Darüber habe ich bei mir auch gestaunt“,
sagt Helmut Trimpop: „Ich dachte, das gibt’s doch gar nicht!“
Fotos: Nikolaus Brade
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