johanniter 3/2013
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In Aktion
Vor mehr als dreieinhalb Jahren
hat Esaue Joachim bei dem Erd-
beben in Haiti sein Bein verloren.
Die Johanniter betreuten und
versorgten ihn mit einer Prothese.
Er hat sein Leben wieder im Griff –
und hilft sogar anderen.
Die Nacht, die sein Leben veränderte, ver­
brachte Esaue in der Schule. Die Erde bebte,
das Gebäude brach zusammen, Trümmer
verschütteten den damals 19­jährigen Lehrer.
„Das war die schlimmste Nacht meines
Lebens und ich versprach Gott: ,Wenn ich
das überlebe, stelle ich mein Leben in deinen
Dienst‘“, erinnert sich der 23­Jährige heute.
Erst am nächsten Morgen befreiten ihn Bewoh­
ner der Stadt aus den Trümmern. In einem
Flüchtlingslager in Léogâne, im Südwesten
Haitis, wurde Esaue erst neun Tage nach
seiner Rettung zum ersten Mal untersucht –
zu spät. Die Verletzung am rechten Fußgelenk
hatte sich bereits bis übers Knie entzündet.
„Mir blieb nur die Wahl, ohne Bein zu leben
oder zu sterben.“
Nicht unterkriegen lassen
Zu diesem Zeitpunkt bauten die Johanniter
gerade ihre mobile Orthopädiewerkstatt in
Léogâne auf. Esaue war einer der ersten
Patienten, für den eine Prothese angefertigt
wurde. Einen Monat dauerte es. „In der Zwi­
schenzeit erhielt ich physiotherapeutische
und psychologische Betreuung von den
Johannitern“, berichtet Esaue. „Als er die Pro­
these anlegte, marschierte er direkt los“,
erinnert sich James Denis, Orthopädietechni­
ker bei den Johannitern. Dank der Prothese
kann Esaue nun wieder als Lehrer arbeiten.
In einer kleinen Schule leitet er Computer­
kurse. Seine Schüler sind stolz auf ihn. „Ich
habe hart gekämpft und mich nicht unter­
kriegen lassen“, sagt Esaue. Wenn er Probleme
mit seiner Prothese hat, kann er jederzeit zu
den Johannitern kommen. Seit Juli auch in
deren neues Rehabilitationszentrum.
Sein Versprechen an Gott hat Esaue
gehalten. Nach der Arbeit ist er regelmäßig in
der Kirche als Laienprediger zu erleben.
Außerdem hat er eine Organisation gegründet,
die Menschen unterstützt, die Ähnliches
durchleben mussten wie er. „Ich zeige ihnen,
dass man auch mit einer Behinderung ein
schönes Leben haben kann.“
Sandra Lorenz
Die Johanniter in Haiti
Die mobile Orthopädiewerkstatt
der Johanniter hat jetzt eine
dauerhafte Heimat gefunden.
In dem neu gebauten Rehabili-
tationszentrum erhalten
Patienten nun ihre Prothesen,
Orthesen und Rollstühle.
Johanniter-
Orthopädietech-
niker James Denis
hat Esaue Joachim
wieder auf die
Beine geholfen.
Fotos: Sandra Lorenz
Haiti
Sein zweites
Leben
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