

Porträt
Nicht denken,
einfach helfen
Nico Lüttich und seine Kameraden haben
geholfen, ein Mädchen aus einem bren-
nenden Pkw zu retten. Dafür wurden sie
mit dem Hans-Dietrich-Genscher-Preis der
Johanniter-Unfall-Hilfe ausgezeichnet.
„Ich habe nicht lange nachgedacht, sondern sofort ge-
macht, was ich für das Richtige hielt“, sagt Nico Lüttich,
30 Jahre alt und Materialbewirtschaftungssoldat bei der
Bundeswehr. Er war auf dem Weg von seiner Dienst
stelle in Diepholz nach Hause, als er auf der Autobahn
A2 an einem Stauende zum Stehen kam. Er sah drei
Männer, die offensichtlich Erste Hilfe leisteten, und ging
zum Unfallort, um zu helfen.
Ein verunfallter Pkw, die Überreste eines Caravans
und ein Laster, der das Stauende übersehen hatte und
ungebremst aufgefahren war: Eine Szene der Verwüs-
tung erwartete Lüttich. Die drei Helfer, Marcel Dewitt,
Halit Dölen und Marco Lindenhahn, Bundeswehr
kameraden, wie sich später herausstellte, leisteten
gerade dem verletzten Pkw-Fahrer Erste Hilfe. Und sie
versuchten, dessen 15-jährige Tochter Annika, aus dem
Auto zu ziehen. Doch das Mädchen steckte mit seinem
linken Bein fest, das Armaturenbrett ließ sich nicht
bewegen.
Mutig sitzen geblieben
„Wir haben es mit einem Wagenheber probiert – aber
auch das hat nichts gebracht“, so Lüttich. Der Oberstabs-
gefreite setzte sich hinter Annika auf die Rückbank des
Wagens, blieb bei ihr, begann ein Gespräch über all-
tägliche Dinge: „Sie hat ganz ruhig geantwortet, da gab
es keine Panik.“ Lüttichs Anwesenheit beruhigte das
Mädchen, auch dann, als ein Feuer im Motorraum des
Pkw aufflackerte. „Während ich drin sitzen blieb, haben
die Kameraden Feuerlöscher von den herumstehenden
Lastwagenfahrern besorgt und das Feuer gelöscht.“
Angst vor einem explodierenden Auto hatte Nico
Lüttich nicht – von seinem Engagement bei der Frei
Foto: Uwe Dillenberg
willigen Feuerwehr wusste er, dass so etwas nur im
Fernsehen passiert. Lüttich blieb bei dem Mädchen,
auch als die Feuerwehr mit schwerem Gerät anrückte,
um die 15-Jährige zu befreien. „Ich habe ihr erklärt, was
die Kollegen machen. Auch das hat sie beruhigt.“
Beispielhaft reagiert
Der Fall zeigt: Aktives Helfen an einem Unfallort ist
auch, Betroffenen die Kraft zu geben, eine schwierige
Situation zu überstehen, die Ruhe zu bewahren. Und im
Team zu helfen: „Diese jungen Männer haben instinktiv,
schnell und beispielhaft reagiert. Sie sind im wahrsten
Sinne des Wortes Lebensretter und haben den Hans-
Dietrich-Genscher-Preis, der ihnen für ihr heldenhaftes
Handeln verliehen wird, mehr als verdient“, sagte der
niedersächsische Innenminister Boris Pistorius, Lau
dator des diesjährigen Hans-Dietrich-Genscher-Preises.
Auch wenn Nico Lüttich erst im Rückblick die Trag-
weite seines Tuns erkannte, als er das ganze Ausmaß
des Unfalls gesehen hatte – für ihn kam die Preisver-
leihung überraschend: „Mich hat die Auszeichnung für
eine solche Selbstverständlichkeit schon erstaunt. Aber
auch sehr froh gemacht.“
Peter Altmann
Nico Lüttich hat als Laienretter
Annika Lahn nach einem schweren
Unfall geholfen.
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Unter Freunden
johanniter 4/2017