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Porträt

Helfer in

der Fremde

Sohaib Mansour möchte Arzt werden.

Doch weil in seiner Heimat Damaskus

Krieg herrscht, ist er nach Deutschland

geflohen. Als ehrenamtlicher Sanitätshelfer

hilft er jetzt selbst Menschen in Not.

Schon als kleiner Junge träumte Sohaib Mansour davon,

Mediziner zu werden. Vielleicht hat ihn sein Onkel dazu

inspiriert, sagt der heute 18-Jährige. „Er ist Lungenarzt.

Ich habe ihn als Kind sehr bewundert, weil er kranken

Menschen helfen konnte.“

Medizinstudium als Ziel

Eines Tages Medizin zu studieren, das ist Sohaibs Ziel.

Einige Umwege musste er dafür schon gehen. Denn

der junge Mann wurde in Damaskus geboren. In seiner

Heimat herrscht Krieg und mit jedem Jahr, in dem die

Kämpfe andauerten, schwand für ihn der Glaube an ein

normales Leben.

„Ich hatte Angst“, sagt Sohaib. Also machte er sich

auf den Weg, mit nicht viel mehr im Gepäck als Hoff-

nung. „Mit dem Flugzeug sind wir in die Türkei, mit dem

Schlauchboot nach Griechenland, zu Fuß und mit dem

Bus nach Ungarn und dann mit dem Schlepper hierher.“

An jede Station seiner 15-tägigen Flucht vor knapp zwei

Jahren zusammen mit zwei Cousins kann er sich noch

genau erinnern.

Täglich Kontakt mit der alten Heimat

Jeden Tag telefoniert er mit seinen Eltern, berichtet von

sprachlichen Fortschritten und seinen Einsätzen als Sa-

nitätshelfer bei den Johannitern. Seine Eltern sind stolz.

Und Sohaib ist froh, dass ihm sein Freund Mohammed,

den er aus seiner Willkommensklasse kennt, von der

Möglichkeit erzählt hat, beim Berliner Ortsverband der

Johanniter einen Sanitätshelferkurs zu absolvieren. „In

60 Unterrichtsstunden haben wir gelernt, Erste Hilfe zu

leisten, was man bei Verbrennungen tut, wie der Kreis-

Foto: Jana Illhardt

lauf des Menschen funktioniert oder die Hautschichten

aufgebaut sind.“ Sohaib spricht schneller als sonst. Er

klingt aufgeregt, wenn er von den medizinischen Kennt-

nissen spricht, die er schon erworben hat.

Drei Einsätze als ehrenamtlicher Sanitätshelfer hatte

er schon. Zuletzt war er beim Berliner Halbmarathon

im Einsatz. Schwere Verletzungen musste er glückli-

cherweise noch nicht behandeln. Gedanklich ist Sohaib

aber auf jede Eventualität vorbereitet. „Sobald jemand

verletzt ist, helfe ich. Ich bringe ihn in die stabile Seiten-

lage, messe Blutdruck oder versorge die Wunde.“

Seinen nächsten Einsatz kann der 18-Jährige kaum

erwarten. Vom Studium ist er aber noch weit entfernt.

Ab September lernt er am Victor-Klemperer-Kolleg in

Berlin-Marzahn, wo er sein Abitur nachholen möchte.

Erst dann darf er auf die Universität. Aber durch sein

Ehrenamt kann er schon jetzt das tun, wozu er sich be-

rufen fühlt: Menschen in Not zu helfen.

Die Sprache ist der Schlüssel

Unterstützung anzunehmen, darum kommt Sohaib vor-

erst selbst nicht herum. Zweimal pro Woche treffen sich

er und eine Handvoll anderer Geflüchteter zum Sprach-

unterricht mit Barbara S. Durch die Arbeit ihres Mannes,

der als Ortsbeauftragter des Ortverbandes Nordwest bei

den Johannitern tätig ist, weiß sie um die Nöte der jun-

gen Syrer. „Wenn wir etwas im Unterricht nicht verstan-

den haben, erklärt Frau Barbara es uns so lange, bis wir

es können“, sagt Sohaib. Meist sind es Grammatikfragen.

Sohaib ist ehrgeizig und weiß, dass die Sprache der

Schlüssel zum Erfolg ist: „Ich muss die Sprache richtig

beherrschen, das ist das Wichtigste.“

Jana Illhardt

Unter Freunden

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johanniter 2/2017