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johanniter 3/2017

So willkommen wie bei der 85-jäh-

rigen Ruth Schwerdtfeger sind

technische Hilfen wie der Hausnot-

ruf bei Senioren nicht immer. Dabei

liegen die Vorteile auf der Hand.

Und auch die Angehörigen profitie-

ren davon.

Wenn es darum geht, sich auf dem Laufen-

den zu halten, ist Ruth Schwerdtfeger etwas

altmodisch: Schon kurz nach 6 Uhr morgens

sitzt die 85-Jährige in ihrem Sessel vor dem

Fernseher und liest sich durch die Teletext-

Seiten von WDR, ZDF und ARD. „Die grauen

Zellen müssen doch ein bisschen angestrengt

werden“, sagt die gebürtige Rheinländerin

fröhlich.

Bei anderen Dingen aber geht sie mit der

Zeit. Körperlichen Einschränkungen durch ihr

Alter etwa begegnet sie pragmatisch: Schon

seit eineinhalb Jahren nutzt Ruth Schwerdt-

feger einen Rollator. Wenn sie die Wohnung

verlässt, ihre Spaziergänge durch den nahgele-

genen Kurpark von Bad Oeynhausen macht

oder Einkäufe erledigt, hat sie den rollenden

Helfer immer dabei. Ohne Scham oder Ab-

wehr, sondern ganz bewusst. Denn manchmal

überraschen sie unvorhersehbare Schwindel-

anfälle, deren Ursache die Ärzte bislang nicht

herausfinden konnten.

Entspannung – auch für die Angehörigen

„Der Rollator gibt mir einfach Sicherheit

im Alltag, egal wohin ich gehe“, sagt Ruth

„Ich fühle mich sicher

und meine Tochter

weiß mich in bester

Gesellschaft.“

Fotos: Nikolaus Brade, Privat (links)

Schwerdtfeger. Ihre Tochter Marion Conrad

ist erleichtert darüber: „Meine Mutter besteht

kategorisch darauf, ihre Einkäufe selbst zu er-

ledigen.“ Dass ihre Mutter aktiv und dennoch

geschützt ist, beruhigt sie: „Man ist als Tochter

ja sonst schnell mal unsicher und macht sich

Sorgen, ob alles in Ordnung ist.“

Seit Kurzem kann Marion Conrad noch

entspannter sein: Im April hat sich ihre Mut-

ter für den Hausnotruf

der Johanniter entschie-

den. „Meine Tochter und

ihr Mann wollten in den

geplanten Urlaub fahren“,

berichtet Ruth Schwerdt-

feger. Und sie selbst wollte

kurz nach dem Tod ihres

Mannes einfach zur Ruhe

kommen: „Ich musste erst mal meinen eige-

nen Rhythmus finden.“ Eine schnelle, sichere

Lösung war gefragt, damit sich die Familie im

Urlaub keine Sorgen macht: „Für den Haus-

notruf haben wir uns dann gemeinsam ent-

schieden.“

Dr. Anika Steinert, Leiterin der Arbeitsgrup-

pe Alter & Technik an der Berliner Charité,

kennt dieses Verhaltensmuster: „Bei akuten

Ereignissen oder Notfällen ist die Akzeptanz

von Hilfsmitteln häufig höher. Nach einem

Schlaganfall ist zum Beispiel sofort erkennbar,

welche Aktivitäten des täglichen Lebens nicht

mehr wie zuvor möglich sind.“

Offene Türen eingerannt

Ruth Schwerdtfeger hat schon bei der Präven-

tion alles richtig gemacht – der Hausnotruf

war ihr sehr willkommen. Ein Anruf genügte

und ein Johanniter-Berater kam zu ihr nach

Überzeugungsarbeit leisten

Hilfen anzunehmen, fällt auch im Alter

nicht allen leicht. Dr. Anika Steinert von

der Berliner Charité hat einige Tipps

parat, wenn gute Argumente fehlen:

Einstieg vereinfachen

Um den Einstieg zu erleichtern, kommt

es vor allem auf das soziale Netzwerk

und die eigene Motivation des Seniors

an. Angehörige sollten bei der Anschaf-

fung und Installation sowie bei der

Wartung unterstützend tätig sein. Um

Frustration und Ärger vorzubeugen, ist

es sinnvoll, den entstehenden Aufwand

auf mehrere Personen aufzuteilen.

Vorteile aufzeigen

Bei der Überzeugungsarbeit sollte die

Dr. Anika Steinert,

Berliner Charité

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In Aktion