

Porträt
Ein Lied
für die Alten
Ela Schwarz besingt in ihrem Lied „Kind,
Mutter, Mensch“ das Leben älterer
Menschen. Inspiriert wurde die 21-Jährige
von ihrer Arbeit in der Sozialstation der
Johanniter in Leipzig.
„Hinter meinen Augen bin ich noch 18, bin Kind, bin
Mutter, bin Mensch. Auch wenn meine Beine nicht
mehr viel taugen, bin ich Kind, bin ich Mutter, bin ich
Mensch.“ Die Zeilen stammen von der 21-jährigen Ela
Schwarz. Eigentlich heißt sie Elisabeth und hat gerade
erst ihre Ausbildung zur Altenpflegerin abgeschlossen
und ihre Arbeit in der Sozialstation der Johanniter in
Leipzig begonnen. Aus ihrem gefühlvollen Lied, das
die Einsamkeit einer alten Frau beschreibt, die oft nicht
mehr als Mensch wahrgenommen wird, spricht aber
schon viel Erfahrung. Elas Text und ihre zarte Stimme
haben auf dem Internetportal „Youtube“ schon Tausen-
de berührt. Das macht sie zu einem heimlichen Star.
Grenzen der Hilfe besingen
Doch davon will Ela nicht viel wissen. Denn mit dem
Lied „Kind, Mutter, Mensch“ kehrt sie ihr Inneres nach
außen, berichtet von dem, was sie als Altenpflegerin tag-
täglich erlebt. „Ich liebe meine Arbeit, die Altenpflege ist
ein sehr dankbarer Beruf, in dem ich auch viel für mein
eigenes Leben lernen kann. Aber es gibt Zeiten, in de-
nen ich mit schlechtem Gewissen nach Hause gegangen
bin“, sagt sie. Es müsse in der Pflege um Menschlichkeit
und Nächstenliebe gehen – doch in manchen Momen-
ten hätte sie einfach mehr Zeit gebraucht oder hätte an-
ders handeln wollen. „Ich hätte mehr helfen wollen.“
Und so gießt sie diese Traurigkeit in nur wenigen Mi-
nuten in eine gefühlvolle Ballade, nimmt diese auf und
lädt sie auf die Videoplattform „Youtube“ hoch – und
wird durch den Erfolg völlig überrascht: „Als ich am
nächsten Morgen auf mein Handy geschaut habe, hat-
ten schon viele Menschen das Video gesehen.“ In den
nächsten Tagen wurden es immer mehr. Und auch An-
Foto: Eric Kemnitz
fragen von Musikproduzenten, Plattenfirmen und Zei-
tungen häuften sich.
Priorität: Altenpflege
Ihr Lied wurde ein Erfolg, als CD veröffentlicht und
Ela gibt nun Konzerte. Doch eine Musikkarriere hat
sie nicht zum Ziel, vielmehr ist die Musik ihr eigener
Ruhepol. „Ich bin dankbar für das, was ich mit diesem
Lied erfahren darf. Aber die Altenpflege ist für mich im-
mer noch die Priorität.“ Den Erfolg ihrer Musik, sagt sie,
messe sie auch an deren Wirkung auf „ihre Alten“ und
erzählt von einer Patientin, die – sonst von Krämpfen
geplagt – in einer Musikrunde entspannen konnte. „Es
wäre schön, wenn ich die Altenpflege und meine Musik
miteinander verbinden könnte, vielleicht in Richtung
Musiktherapeutin.“
Ela glaubt nicht nur an die heilende Wirkung von
Musik – sie will auch etwas bewegen, indem sie singt.
„Damit kann ich Dinge ansprechen, die in unserer Ge-
sellschaft nicht gut laufen. Und ich erreiche Menschen,
die von der Altenpflege nur wenig mitbekommen: jun-
ge Menschen.“
Peter Altmann
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Unter Freunden
johanniter 3/2017